leinentraining

Heute gestehen Henry und ich euch unsere größte Schwäche: das Leinelaufen! Auch wenn wir hier manchmal schlau schreiben, müssen der Herr Labrador und ich in Verbindung mit einer Leine wie völlig planlose Amateure wirken. Die Wurzel des Übels kenne ich genau – weder mein Hund noch ich können die Leine besonders gut leiden. Deshalb kommt sie nur im äußersten Notfall zum Einsatz und wird die übrigen 90 Prozent der Zeit als zum Hundehalsband passendes, modisches Accessoire am Frauchen getragen. Zu den unbeliebten 10 Prozent gehören die Mittagspause im Hamburger Großstadtgetümmel oder andere Sondersituationen, die manchmal unsere geliebte Freiheit durchkreuzen … (Dieser Beitrag enthält Werbung durch Verlinkung.)

Wenn es uns Spaß macht, sind wir richtige Streber, beim Tricksen oder dem Dummytraining zum Beispiel. Die Leinenführigkeit haben wir in der Hundeschule unter massivem Leckerli-Einsatz ganz passabel absolviert – oder zumindest vorgetäuscht. Irgendwie finden wir das Laufen an der Leine einfach laaangweilig und haben uns dementsprechend wenig mit dem Feintuning beschäftigt. Anfangs hatte mir noch phasenweise die Vernunft konsequentes Leinentraining eingeredet: „Komm schon, das kann jawohl so schwer nicht sein!“ Über Monate kamen mit wechselndem Ehrgeiz diverse Trainingsmodelle zum Einsatz – so viel sei verraten: Käse in der Tasche hat am besten funktioniert.

Da ich ungern täglich mit Harzer Roller in der Tasche herumlaufen wollte, bewegten Henry und ich uns auch auf folgende Arten fort:

Bei Leinenzug stehenbleiben: Ich habe es wirklich versucht – sehr oft und sehr ausdauernd. Was zur Folge hatte, dass wir die gesamte Mittagspause dafür aufwendeten um 50 Meter Weg hinter uns zu bringen. Henry war das Stehenbleiben ziemlich egal, außer dass er geschäftliche Angelegenheiten nicht erledigte und ich eine halbe Stunde später nochmal fluchtartig mit ihm das Büro verlassen musste …

Bei Leinenzug Richtungswechsel: Siehe oben …

Loben, wenn der Hund an lockerer Leine geht: Leckerli wurde abgegriffen und die Spur gehalten – bis zur nächsten Duftnote.

An ganz kurzer Leine gehen: Dann wird zwar nicht geschnüffelt, aber auch nicht gepinkelt. Pattsituation!

Käse in der Tasche: Klappt super – hat sich aber aus geruchs- und figurtechnischen Gründen nicht für den täglichen Einsatz bewährt.

Diese Liste könnte ich in ähnlicher Form noch weiter führen. Und schlagt jetzt bitte kein Geschirr vor – dann zeige ich euch mal das Beweisfoto von Henrys Blick, als ich es einmal gewagt hatte, ihm eines anzulegen. Er sah tatsächlich aus wie ein Grizzlybär mit Fallschirmausrüstung …

Mangelnde Auslastung oder ein erhöhtes Energielevel kann ich bei meinem Hund definitiv als Ursache ausschließen. Was ich nicht ausschließen kann, ist dass er ein unkastrierter Rüde ist, der entsprechend seiner Natur die Aufgabe des Markierens mit größter Sorgfalt erledigt. Und in einer Großstadt wie Hamburg gibt es einiges zu markieren und zwar täglich, immer und immer wieder. Das könnte frustrierend sein, aber Henry lässt sich nicht entmutigen – soviel muss ich ihm zugute halten.

Wovon mein Hund außerdem fest überzeugt ist, ist dass er mit eingebauter Vorfahrt auf die Welt gekommen ist.

Fußgänger, Fahrradfahrer, Autos, ja sogar LKW, teilen vor ihm eine Schneise wie Moses durch das Rote Meer. Träum weiter, Henry! Ich habe es ihm schon so oft zu erklären versucht, aber in diesem Punkt will er mir einfach nicht glauben. Den Gegenbeweis möchte ich auf keinen Fall eintreten lassen, und so verlässt sich mein Hund weiterhin fest auf seine Unverwundbarkeit.

Erschwerend hinzu kommt, dass wir beide im Großstadttrubel leicht abzulenken sind – gern in unterschiedliche Richtungen. Was bei Wald- und Wiesenspaziergängen überhaupt nicht auffällt, hat uns in Hamburg schon um so manchen Laternenpfahl gewickelt. Unsicherheit oder eine größere Individualdistanz kann ich ebenfalls beiderseitig ausschließen. Und es wird auch nie so sehr gezogen, dass Henry die Luft wegbleibt. Das Einzige, was ich im Vergleich zu den Strassen-kompatiblen Stadthunden vermisse, ist eine gewisse Flüssigkeit in unserem gemeinsamen Bewegungsablauf … Bedingt durch Natur pur, die zu Hause direkt vor unserem Grundstück anfängt und bis an die Elbe reicht, bewegen wir uns in der Stadt wie richtige Landeier.

„Das Genie beherrscht das Chaos“, könnte unsere Leinen-Methode lauten.

Wir haben sie in den täglichen Mittagspausen so perfektioniert, dass kein Otto-Normal-Fußgänger Verdacht schöpfen würde. Wir schlendern, schnüffeln und schlingern durch die Straßen und haben uns mit der Improvisations-Technik im Laufe der Zeit ziemlich gut arrangiert. Hauptsache, es steht nicht gerade ein Hundetrainer an der Kreuzug. Doch selbst für diesen Fall sind wir gerüstet: Auf das Kommando „Ampel“ setzt sich Henry neben mich und gibt mir von der Seite eine Pfote in die Hand. Was wir eigentlich nur für die Kinder von Freunden einstudiert hatten, rettet nun im Straßenverkehr Leben – oder zumindest die Ehre!

Wie sieht es bei euch aus, welche Erfahrungen habt ihr mit dem „Leine laufen“?

Eure

Stefie-Sign

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