Wurmkur

Das Wort „Kur“ hört sich irgendwie nach Wellness an. Wer gönnt sich nicht gerne mal eine Saftkur (oder wenigstens eine Haarkur) und hat danach das wohlige Gefühl, dem Körper mal wieder etwas Gutes getan zu haben. Dieser Gedanke und die Gewohnheit haben mich eine ganze Zeitlang auch zur Wurmkur für meinen Hund greifen lassen – immerhin wird man bei fast jedem Tierarzt-Besuch darauf hingewiesen: „Wann hatte er denn die letzte Wurmkur?“ Fast fühlt man sich als schlechtes Frauchen ertappt, wenn die angeratenen drei Monate schon rund sechs Monate her sind. „Wollen Sie lieber gleich eine mitnehmen?“ Früher hätte ich das direkt gemacht – seit ein paar Jahren aber nicht mehr. (Dieser Beitrag enthält Werbung durch Verlinkung.)

Durch unsere Pferde bin ich als Bauernhof-Kind aufgewachsen – das war vor rund 20 Jahren sehr schön, aber teilweise auch sehr pragmatisch. Bis heute erhält jedes Herden-Mitglied vor und nach der Sommerweiden-Saison eine Wurmkur – was bei vielen Pferden, die in der Gruppe über mehrere Monate tags und nachts draußen unterwegs sind, auch durchaus sinnvoll sein kann. Zumindest ist diese Behandlung so etwas wie ein Hof-Gesetz und jeder hält sich dran – bei einer Gruppe von mehreren zusammenlebenden Tieren sollten die dazugehörigen Menschen mehr oder weniger an einem Strang ziehen. Zwar kann man Pferd und Hund was deren allgemeine Lebensumstände betrifft nicht unbedingt miteinander vergleichen (und auch bei Pferden findet aktuell ein Umdenken über den Einsatz von Entwurmungsmitteln statt), aber die Macht der Gewohnheit sorgte zunächst dafür, dass auch mein Hund getreu der Empfehlung alle drei Monate seine „Kur“ bekam.

Wurmkur

In Henrys Fall spielte diesbezüglich auch eine Rolle, dass er, als wir ihn als Welpe abholten, Giardien hatte. Fiese Dünndarm-Parasiten, die bei dem kleinen Kerl für mächtig Durchfall sorgten. Doof besonders, wenn man seinen Jüngsten in wichtigen Wachstumsphasen mit allen benötigten Nährstoffen versorgt wissen möchte. Und kaum als wir den Giardien den Garaus gemacht hatten, kamen wir der Allergie unseres kleinen Labradors auf die Schliche: Getreide, Rind, Geflügel und Fisch sorgten ebenfalls für einen flotten Durchmarsch. Erstmal ausschließlich auf Pferd und Kartoffeln umgestellt, besserte sich die Verdauung schnell (dafür lagen ein paar nervenaufreibende Wochen hinter uns). Da die Darmflora und das Immunsystem unseres Jüngsten aber noch einige Zeit brauchen würden, um in ein gesundes Gleichgewicht zu finden, gab es erstmal weiterhin die dreimonatliche Wurmtablette.

Ich weiß also generell die Vorzüge von Medikamenten gegen Würmer durchaus zu schätzen und bin froh, dass es Möglichkeiten gibt seinen Vierbeiner bei gesundheitlichen Problemen schnell und effektiv zu unterstützen. Aber einfach so immer rein damit? Auch wenn der Hund top fit ist? Was ist bei einer dauerhaften Gabe mit der Bildung möglicher Resistenzen? Oder einer Herabsenkung der körpereigener Abwehr, weil sich ständig von außen eingemischt wird? Durch die Wurmtablette werden außerdem lediglich die Larven und erwachsenen Würmer abgetötet. Die Eier bleiben unbeschadet im Körper und entwickeln sich weiter … Das habe ich hinterfragt und mit unserer Tierärztin besprochen. Simpel wiedergegeben – ich bin ja selbst kein Veterinär und verfüge nicht annähernd über deren umfangreiches Wissen (wie auch immer dieses manchmal eingesetzt wird) – erklärte mit unsere Tierärztin:

Es ist bei Hunden und Würmern manchmal wie bei Menschen und Erkältungen: Der eine nimmt alles mit, den anderen erwischt es so gut wie nie.

Wir können ja mal schauen, welcher Typ Henry ist. Das entschieden wir vor rund drei Jahren und untersuchen seit dem einmal im Frühjahr und einmal im Herbst seinen Kot z. B. anhand des Flotationsverfahrens auf die gängigsten Wurmarten (u. a. Spul-, Haken-, Peitschen- und Haarwürmer sowie Kokzidien-Oozysten (Eier). Natürlich behalte ich dazu auch seinen Gesamteindruck im Blick. Also ob er viel frisst aber trotzdem abnimmt, Durchfall hat oder erbricht, stumpfes Fell besitzt, etc. Für die Kot-Untersuchung geht es erstmal ans Sammeln – von der Tierärztin bekomme ich dafür drei Holzspatel und ein Plastikgefäß mit Drehverschluss. An drei aufeinander folgenden Tagen (!) wandert immer eine kleine Kotprobe ins Sammelgefäß, das ich anschließend in der Tierarztpraxis abgebe. Die Analyse kostet bei uns ca. 18 €. Zum Vergleich: Für eine Wurmkur (z. B. Milbemax) entsprechend Henrys Körpergewicht habe ich damals ca. 17 € bezahlt.

Hier könnt ihr sehen, wie das Flotationsverfahren funktioniert:

Bisher waren Henrys Kot-Untersuchungen stets negativ (frei von den gängigsten Wurmarten) und er zeigt auch sonst keine Anzeichen. Ich glaube, dass sein Immunsystem und seine Darmflora gute Arbeit leisten. Über die Nahrung sollen u. a. Karotten und Kokosöl zusätzlich die körpereigene Wurmabwehr unterstützen. Mit 5 Jahren ist unser Rüde außerdem körperlich im besten Alter. Die Anfälligkeit für einen Wurmbefall ist generell eine individuelle Angelegenheit und von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Handelt es sich um ein junges oder altes Tier? Ist die Abwehr allgemein angeschlagen? Frisst der Vierbeiner gerne die Hinterlassenschaften anderer? Diverse Punkte sollten individuell abgewogen und entsprechend berücksichtig werden. Ich sage nicht, dass die Kot-Untersuchung das Nonplusultra für jeden Hund ist. Ein gewisses Risiko spielt auch hier mit. Aber für uns scheint es derzeit die beste Lösung zu sein.

Im Fall eines Befunds kann der Hund nach einer Kot-Untersuchung gezielt auf die festgestellten Parasiten behandelt werden.

Sicherlich lohnt es sich einmal über das Thema „Hund und Würmer“ nachzudenken, mit seinem Tierarzt zu besprechen und vielleicht einfach mal auszuprobieren, was persönlich passt … Warum sollte man einen intakten Organismus permanent mit zusätzlichen Medikamenten füttern? Für die Industrie sind dreimonatige Wurmtabletten – unabhängig von ihrem Nutzen – sicherlich eine praktische Einnahmequelle. Ebenso wie diverse Impfungen, die auf keinen Fall komplett unnötig sind, aber in einem gesunden Maß, verantwortungsvoll und individuell eingesetzt werden sollten.

Wie ist eure Meinung dazu und welche Erfahrungen habt ihr mit „Würmern“ bei euren Hunden gemacht? Falls ich etwas Wichtiges vergessen habe, freue ich mich über euren ergänzenden Kommentar!

Liebe Grüße

Stefie-Sign

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