… hilft auch die Hundepfeife nicht. Das musste ich vor Kurzem feststellen. Henry und ich waren gerade zu unserer Morgenrunde aufgebrochen, als er die Pfoten in die Hand nahm und windhundartig abzischte. Ich rief entspannt hinterher und war sicher, „der wird mir an der nächsten Ecke schon entgegenkommen“. Denkste! Irgendwas lief hier ordentlich schief. (Dieser Beitrag enthält Werbung durch Verlinkung.)
Und mein Rüde der läufigen Bella hinterher, wie es mir im nächsten Moment dämmerte. Leider hatten das Objekt seiner Begierde und ihr Frauchen den direkten Weg zur Hauptstraße genommen – bitte lass sie dort noch nicht angekommen sein. „HENRY!!“, brüllte ich und legte einen Blitzspurt hin. Nichts! So einsam und so extrem bin ich noch nie eskaliert. „Wir sind es doch nur“, beruhigte Bellas Frauchen, als ich am Ort des Geschehens eintraf und Henry von der Hündin wegschubste. Der war sich keiner Schuld bewusst, ihn ließ die Aufregung kalt und er widmete seine Aufmerksamkeit dem nächsten Grasbüschel. So demonstrativ ließ er mich im Regen stehen, dass mir dämmerte:
Wir haben ein Beziehungsproblem!
Und das kam so. Einer Rom-Reise folgte eine viertägige Veranstaltung, darauf ein Bewerbungsgespräch und im Anschluss eine Erkältung … Drei Wochen Ausnahmezustand und der Hund mittendrin. Bei meinen Eltern war Henry zwischendurch gut aufgehoben und auch wenn mir der Kopf gerade nicht nach Dummytraining stand, drehten wir unsere Runden und kuschelten abends auf der Couch. Hunde sind so empathisch, da wird mein Labrador mit seinem sanften Gemüt schon verstehen, dass ich gerade ein bisschen Zeit für mich brauche. Natürlich bemerkte ich kleine Anzeichen – Henrys Interesse an meiner Person ließ in manchen Momenten zu wünschen übrig. Wenn ein weggeworfenes Taschentuch spannender ist, als ein mit Leckerlis lockendes Frauchen, kann man ins Grübeln kommen …
Deutlicher gesagt: Mein Hund zeigte mir den Stinkefinger!
Na warte, dir werd ich´s zeigen! Von Ehrgeiz und Enttäuschung beflügelt, legte ich einen Stop beim nächsten Supermarkt ein und bewaffnete mich mit Käsewürfeln. Den richtigen, keine fettreduzierten. Bei der Hundeerziehung mache ich, wenn es darauf ankommt, keine halben Sachen! Tagsüber wurden im Büro und während der Mittagspause kleine Übungen eingestreut, für deren Absolvieren ich Henry lobte wie damals, als er zum ersten Mal draußen Pipi machte. Der berühmte „Will to please“ muss manchmal ordentlich befeuert werden.
Gegenüber meinem Vierbeiner musste ich mich rund zwei Wochen lang beweisen und unter anderem
- Aufmerksamkeit einfordern. Ich habe mich konsequent versteckt, wenn der Hund nicht auf mich geachtet hat. Und es schadenfroh genossen, sobald bei Henry die Suchpanik ausbrach.
- Bei Begegnungen mit anderen Hunden wieder das Kommando übernehmen. Ich entscheide, wem „Hallo“ gesagt wird und wem nicht.
- Aufgaben exakt beenden. Ein „Sitz“ statt „Platz“ gilt nicht und ich strecke mich auch nicht nach dem einen Meter vor mir abgeworfenen Dummy.
- Zeichen lesen. Fordert er mich zum Spiel auf? Mitmachen und Spaß haben! Sucht er meine Nähe? Kraulen, was das Zeug hält!
- Authentisch und nicht nur zielorientiert sein. Ein Hund erkennt die Motivation dahinter ganz genau …
So eine Krise lässt sich nicht wegkuscheln oder -kommandieren.
Eine gute Bindung will verdient sein und erfordert wie jede Beziehung Arbeit, Verständnis und Liebe. Dann merkt man auch, wenn der Funke wieder überspringt. So plötzlich wie Henry seinen eigenen Weg eingeschlagen hatte, sah er mich in einem Augenblick an und ich könnte schwören, was er in dem Moment gedacht hat: „Ein Glück ist sie endlich wieder die Alte. Das Trainingsprogramm, das ich die letzten Wochen mit ihr durchgezogen habe, war ein hartes Stück Arbeit. Aber ich glaube, damit habe ich sie wieder auf Kurs gebracht!“
Müsst ihr auch manchmal nachträglich ins Training?
Eure
Jasmin
-Hallo,
ich habe den besten Lachflash aller Zeiten. Wie aufregend du das beschrieben hast, war wirklich echt super. 🙂
Ich hatte auch so einige Probleme mit meinem Rüden und da er sehr stur ist, war es auch wirklich krass schwierig.
Ich musste unbedingt in eine Hundeschule gehen, denn es war wirklich nicht ganz einfach alleine, denn für Hilfe war ich mehr als offen. Ich wollte auch nichts falsch machen, denn die Süßen werden immer sehr schnell groß und wenn das schlechter Verhalten einmal drin ist, wird es noch schwerer. Doch jetzt, dank der Hundeschule, ist alles super, wie ich es mir gewünscht habe. 🙂
Liebe Grüße
Nicole
-Erst mal ein großes Kompliment an den Beitrag ! Worte wie “ Einsam eskaliert “ und “ genossen zu sehen wie Panik ausbrach …. Retourkutsche “ haben für einen spontanen Lachanfall gesorgt ! Danke dafür ! Meine Hündin ist bald 10 Jahre und gerade seit ein paar Tage , bemerke ich tatsächlich solche ignoranten Verhaltensweisen mir gegenüber . Ihr Gehör und ihre Augen funktionieren noch hervorragend☝️Aber auch ich war in der letzten Zeit sehr eingespannt und auf mich konzentriert , so dass das jetzt wohl die Quittung dafür ist . Aber zum Glück wissen wir ja , wie man den “ Schaden “ wieder beheben kann ! ?
MyDog | Steffi
-Hallo Nicole, vielen Dank für Deinen netten Kommentar! Freut mich riesig ❤️ Liebe Grüße an dich & deine Fellnase
Claudia
-Oh ja ich kenne das bei Lady auch. Die Pubertät schlägt voll durch. Momentan ist es für mich auch schwer die Zeit aufzubringen ständig dran zu trainieren, aber die Zeit muss man sich einfach nehmen sonst wird das nix. stimmts? LG Claudia
Mina und Suri
-Stinkefinger Zeigen im Sinne von einfach losdüsen kenne ich bei Suri nicht. Egal was vor uns aufspringt sie ist immer ansprechbar.
Aber ich habe bei einigen Kommandos etwas mehr durchgehen lassen. Diese Kommandos sind „weiter“ da schnüffelt sie dann gerne noch ein bisschen weiter … „bei mir“ da soll sie neben mir laufen, das macht sie auch, aber wenn wir an anderen Hunden vorbei laufen geht sie quasi nach hinten raus wenn wir an ihren vorbei sind oder entfernt sich im Kommando auch einmal mal … Ein Sitz unterwegs wenn uns was entgegen kommt wird auch überbewertet, man bleibt dann einfach stehen.
Sie ist gerade 2 geworden und musste vor 4 Monaten not Kastiert werden, in der Standhitze …. Da war jetzt ne ganz schöne Zeit richtiges Hormonchaos bei ihr …
Wir sind aber auch wieder dran und es läuft wieder viel besser !
Loki
-Das kenn ich.. mein Labbi ist mitten in der Pubertät und „zeigt“ mir tagtäglich den Stinkefinger. Besonders, wenn er zu anderen Hunden will ?
Kathi
-Meiner auch! Mein Labi ist 1,5 Jahre. Bis er 6 Monate war, war er perfekt folgsam…..Dann kam die Pubertät. Mit einem Jahr ganz schlimm (Spaziergänge waren wie als wären wir auf der Flucht)und dank Einzelstunden hat er sich jetzt halbwegs wieder eingekreist, aber auch immer wieder aus Setzer und von der Leine kann er nicht, weil er auf die Idee kommt auf einmal Leute im schweinsgalap zu begrüßen
Cavaliermaedchen
-Wow, ich wäre glaube ich extrem verunsichert. Hut ab, dass du das so souverän gemeistert hast und Danke für deine tollen Tipps, wie mein das Ruder noch rum reißen kann! Ich hoffe zwar, dass meine Mädels und ich kein Beziehungsproblem bekommen werden, trotzdem kann man ja auch so an der Beziehung arbeiten 🙂
Liebe Grüße,
Doxa mit Hayley und Darida
Ralf
-Das kenne ich nur zu gut. Gaia mag auch keine halben Sachen. Sie will das ich ganz dabei bin, sonst bin ich abgeschrieben. Freut mich das es wieder klappt.
VG
Ralf & Gaia
Dani
-Zum Glück setze ich einen funktionierenden Rückruf und Aufmerksamkeit nicht mit Bindung gleich. Die Bindung zwischen meinen Hunden und mir ist super. Ich bin ihnen wichtig und sie sind mir wichtig. Wir nehmen aufeinander Rücksicht. Den Rückruf haben wir ebenfalls bis zum erbrechen trainieren. Und wenn Inuki auf einem Spaziergang mal die Mittelkralle zeigt, weiß ich, dass ich einfach gerade langweilig für ihn bin. Dann muss ich halt mehr Action machen und gemeinsam Abenteuer erleben. Aber die Bindung ist bei uns nicht dran schuld.
Wie wünschen viel Spaß beim trainieren 😀
Liebste Grüße
Dani mit Inuki und Skadi
Socke-nHalterin
-Ich finde deinen Beitrag – wenn auch traurig – sehr gut. er ist nicht nur ehrlich, sondern zeigt uns auch, dass Bindung nicht geschenkt wird, sondern wir jederzeit dafür etwas dafür tun müssen. Wir werden das gleich zum Anlass nehmen und einen schönen Abenteuerspaziergang unternehmen.
Viele liebe Grüße
Sabine mit Socke