Leckerlis

Wie haltet ihr es mit der Gabe von Leckerlis an euren Hund? Ist positive Bestärkung zwangsläufig mit dem Einsatz von Futter verbunden? Mag mein Hund mich Dank Leckerlis mehr? Und ist die Bestechung durch Nahrung noch echte Kommunikation? Für mich ist der Einsatz von Futter im Training gleichermaßen ein Fluch und ein Segen. Denn ich merke, wie mein Labrador „funktioniert“ wenn Futter im Spiel ist – oder eben nicht … (Dieser Beitrag enthält Werbung durch Verlinkung.)

Die Konditionierung mithilfe von Leckerlis hat bei uns damals in der Welpen- und Junghundegruppe vorzüglich geklappt. Besonders, wenn ich Käse in der Tasche hatte. Es macht Spaß, wenn das „Sitz“ so schnell sitzt und der Kleine mit wehenden Ohren angelaufen kommt, um seine Belohnung abzugreifen. Ich bin stolz, er ist schlau – und verduftet direkt nachdem die Leckerchen-Hand leer ist wieder zu den anderen Hunden.

Dass echte Bindung viel mehr bedeutet, als Pfötchen geben mit anschließendem Keks, merkt man relativ schnell.

Hunde sind wahnsinnig clever und analysieren genau, was getan (oder gelassen) werden muss um einen Leckerbissen zu erhalten. Sobald die Belohnung im Maul ist, haben sie ihr Ziel erreicht. Die Nahrungsbeschaffung ist als überlebenswichtige Eigenschaft fest in den Hunde-Genen verankert – bei einigen mehr (z. B. Labrador) bei einigen weniger (z. B. Whippet). Dieses Verhalten haben wir Menschen uns als Trainingsmethode zunutze gemacht. Man könnte dieses „Erarbeiten“ des Futters als „artgerechte“ Maßnahme betrachten. Die noch dazu wesentlich angenehmer ist, als die Strenge früherer Ausbilder. Das leben aktuell viele Hundeschulen und -bücher erfolgreich vor – gekrönt vom Clickertraining, bei dem manche Menschen allerdings wie lebende Futterautomaten wirken.

So verlockend der schnelle Trainingserfolg durch den Einsatz von Futter beim Hund ist, soviel Disziplin und Reflexion erfordert diese Methode beim beteiligten Menschen. Was häufig vernachlässigt wird. Und schnell sieht der Hund nur noch den Keks aber nicht mehr die Person dahinter. Und ohne „Bezahlung“ läuft schon mal gar nichts mehr. So ist das mit der käuflichen Liebe … Blöd, wenn man den Leckerlibeutel  mal aus Versehen vergessen hat. Dann kann der Vierbeiner einem sehr deutlich vor Augen führen, wie die Prioritäten gesetzt sind. Die Enttäuschung des Menschen in so einer Situation tut meist allen Anwesenden Leid – außer dem beteiligten Hund, denn er kennt es ja nicht anders und daher ist sein Verhalten für ihn völlig logisch.

Über dem Leckerli sollte immer die persönliche Beziehung stehen

Einer verlässlichen Bindung zwischen Mensch und Hund gibt man keinen Raum sich zu entwickeln, wenn permanent Nahrung dazwischen funkt. Die Leckereien sind Dreh- und Angelpunkt und können mit der Zeit auch noch ziemlich penetrant vom Vierbeiner eingefordert werden. Spätestes dann wird es allerhöchste Eisenbahn, die bisher angewandte Methode zu überdenken und die Leckerlis als tägliche Begleiter zu verabschieden …

Leckerlis

Und damit beginnt die richtige Herausforderung. Denn so einfach es ist einen Hund an das Training mit Leckerlis zu gewöhnen, umso schwieriger wird es den Vierbeiner anschließend davon zu überzeugen, dass sich die Zusammenarbeit auch ohne eine Belohnung in Form von Naturalien lohnt. Das habe ich am eigenen Leib erfahren. Um sich für den Hund wieder interessanter als ein Stück Käse zu machen, muss man sich schon einiges einfallen lassen! Hat man aber herausgefunden wie das gelingt (bei uns z. B. durch gemeinsames Toben, Verstecken spielen oder die Dummysuche), ist die reine Begeisterung des Vierbeiners über die Anerkennung seines Menschen die tollste Belohnung.

Wenn Henry merkt, wie ich mich ehrlich über seine Erfolge und unsere Teamarbeit freue, strahlt er bis über beide Schlappohren und kann es kaum erwarten, die nächste Übung zu meistern. Vorher hatte er sich routinemäßig seine Futterbelohnung abgeholt und war anschließend mit dem Kopf schon wieder woanders. Mich beeindruckt, welchen Stellenwert und welche Motivation meine Anerkennung tatsächlich für ihn hat. Das hatte ich grob unterschätzt … Es ist mit mehr gedanklichem – und körperlichem – Einsatz verbunden, ohne Leckerlis so zu trainieren, dass es für den Hund spannend und sinnvoll erscheint. Aber die daran wachsende Beziehung ist auch außerhalb des Trainings in vielen Situationen spürbar. Der Weg dahin war für uns nicht einfach – und endet nie.

Er hat als Welpe durch Leckerlis gelernt – diese Verknüpfung werde ich wohl nie mehr ganz auflösen können.

Ab und zu habe ich noch Leckerlis dabei – wenn z. B. gerade viele Hündinnen läufig sind, oder ich für neue Übungen Henrys absolute Aufmerksamkeit brauche. Er hat durch den Einsatz von Leckerlis als Welpe und Junghund gelernt. Daher weiß ich, dass er besonders gut darauf anspringt und nutze das, um es uns in bestimmten Situationen nicht stressiger als nötig zu machen. Dennoch kommen wir inzwischen zum Großteil gut ohne Leckerlis aus. Und bei meinem nächsten Hund (in hoffentlich sehr ferner Zukunft) würde ich das Training gerne erstmal ganz ohne Futterbelohnung versuchen. Wie in vielen Bereichen gibt es auch hier kein Schwarz oder Weiß, sondern unterschiedliche Facetten, von denen man die passende für sich und seinen Hund herausfinden muss.

Grundsätzlich ist es ja auch so, dass man seine Liebsten gerne verwöhnt. Wer wäre ich, wenn ich meinem Hund gelegentliche Genussmomente vorenthalten würde. Ich sitze ja selbst gerne mit einer ordentlichen Portion Eis auf dem Sofa – egal, ob ich etwas toll gemacht habe, oder nicht. Manchmal schmeckt Inkonsequenz einfach zu gut!

Welches Verhältnis habt ihr – bzw. euer Hund – zu Leckerlis, und habt ihr noch Tipps zum Thema?

Stefie-Sign

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